Nähe kann heilen helfen

In Zukunft haben Eltern endlich einen arbeitsrechtlich gesicherten Anspruch, sich freistellen zu lassen, um ihr Kind zur stationären Reha zu begleiten. Dieser Beschluss hat in mir nicht nur Erinnerungen an die schwerste Zeit in meinem Leben, sondern vor allem große Dankbarkeit geweckt.

Als ich nach meinem schweren Sturz im Training vom 28. November 2006 in der Unfallklinik in Murnau aufwachte, war nichts mehr, wie es einmal war. Diagnose: Querschnittlähmung. Es hieß, ich wäre ein Leben lang auf den Rollstuhl angewiesen, könne mit größter Wahrscheinlichkeit nie mehr laufen, geschweige denn Skifahren. Insgesamt war ich vier Monate in der Klinik. Eine lange Zeit, in der ich meine ganze Kraft darauf verwendet habe, sprichwörtlich wieder auf die Beine zu kommen. Damals war ich 18 Jahre alt, im Grunde fast erwachsen. Dennoch waren meine Eltern gerade während der Reha eine unglaublich wertvolle Stütze für mich. Sowohl meine Mutter als auch mein Vater waren so oft es ging bei mir, haben mir erst durch ihre Anwesenheit und später durch ihre Unterstützung in der Therapie dabei geholfen, wieder gehen zu lernen. Meine Eltern, damals beide berufstätig, haben dafür ihren gesamten Jahresurlaub und jede Minute Zeitausgleich aufgebraucht. Das war möglich, weil beide kulante Arbeitgeber hatten. Doch das Glück haben nicht alle. Umso wichtiger ist es, dass es jetzt endlich auch einen arbeitsrechtlich gesicherten Anspruch auf Freistellung gibt, wenn ein Kind einen stationären Reha-Aufenthalt braucht.

Worum geht es in dem Beschluss?

Ab dem 1. November 2023 haben Arbeitnehmer:innen das Recht auf eine bis zu vierwöchige Freistellung pro Jahr, um ihr Kind bei einem stationären Reha-Aufenthalt zu begleiten. Voraussetzung ist, dass das Kind nicht älter als 14 ist. Ein Recht auf Freistellung haben leibliche Elternteile und deren Ehepartner:innen, eingetragene Partner:innen und Lebensgefährt:innen sowie Wahl- oder Pflegeeltern. Der Anspruch besteht für vier Wochen pro Jahr und Kind. Die Betreuungspersonen können den Anspruch untereinander aufteilen oder in Ausnahmefällen gemeinsam in Anspruch nehmen, wenn es aus therapeutischen Gründen notwendig ist. Für die Freistellung steht den Arbeitnehmer:innen Pflegekarenzgeld und ein besonderer Kündigungsschutz zu.

Kinder brauchen ihre Eltern

Offen gesagt wundert es mich, dass der Freistellungsanspruch in einem so sozial orientierten Staat wie Österreich nicht schon längst selbstverständlich ist. Dass es höchste Zeit dafür war, zeigt sich für mich auch darin, dass der von der ÖVP und den Grünen eingereichte Antrag über alle Fraktionen hinweg einstimmig angenommen wurde. Heute bin ich selbst Mutter und sehe die Dinge auch aus dieser Perspektive. Noch immer empfinde ich tiefe Dankbarkeit meinen Eltern gegenüber und großen Respekt für jede Mutter und jeden Vater, die oder der ein Kind durch eine schwere Krankheit oder die Genesung nach einer Verletzung begleitet. Ihre Nähe ist in dieser Zeit besonders wertvoll. Kein Kind soll eine stationäre Reha ohne seine Eltern bewältigen müssen. Allen betroffenen Eltern und Kindern wünsche ich viel Kraft, Geduld und von Herzen alles Gute.

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